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Kompetenznetz KOKON

Hauttoxizität

# Einleitung

Hautreaktionen sind häufige Nebenwirkungen einer medikamentösen, radiologischen und/ oder operativen Tumortherapie

Bei einer systemischen antitumoralen Therapie können insbesondere folgende Hautreaktionen bei Haut, Haaren und Nägeln auftreten:

  • Akneiformes Exanthem/ Rash

  • Alopezie/ Haarausfall

  • Nagelveränderungen

Auch im Rahmen einer Strahlentherapie zur Tumorbehandlung kann es zu einer Hautreaktion kommen. Die sogenannte akute Radiodermatitis tritt als Erythem mit Überwärmung, Juckreiz, Brennen und Schmerz auf. Im weiteren Verlauf können eine trockene Schuppung oder Blasen bis hin zu Ulzerationen in den Hautfalten auftreten. Normalerweise klingen Entzündungen der Haut folgenlos ab, dennoch können sichtbare Hautflecken zurückbleiben.

Nach einem operativen Eingriff kann es im Rahmen der Wundheilung und Narbenbildung zu Hautreaktionen kommen. Diese treten als Wundheilungsstörungen auf, z.B. als Wundruptur mit Nachblutung, als Wundinfektion mit möglicher Sepsis oder als Narbenbildungsstörung.

Viele onkologische Patient*innen empfinden Hautreaktionen als entstellend und stigmatisierend, sodass dadurch die Lebensqualität stark eingeschränkt wird.

# Wissen aus klinischen Studien

Stellungnahmen in der Wissensdatenbank (2023):

Die Wissensdatenbank hat keine weiteren Leitlinien, Übersichtsarbeiten oder Studien zu diesem Thema ausgewertet.

# Aussagen in deutschsprachigen Leitlinien

S3-Leitlinie Supportive Therapie bei onkologischen Patienten (Leitlinienprogramm Onkologie (2020)

  • Prophylaxe des akneiformen Exanthems: Die S3-LL Supportive Therapie empfiehlt neben Allgemeinmaßnahmen (Vermeidung mechanischer und chemischer Noxen, UV-Schutz) zusätzlich eine Basispflege mit pH-neutralen Ölen sowie 5-10%-igen harnstoffhaltigen Cremes mind. 2x täglich. Während der EGFR-Inhibitortherapie zusätzlich eine orale Prophylaxe mit Tetrazyklinen (off-label), um den Schweregrad zu verringern. Keine Empfehlungen für topische Steroide oder topisches Vitamin K, eine „kann“-Empfehlung für Niacinamid-Creme (Vit. B3).

  • Therapie des akneiformen Exanthems: Die S3-LL Supportive Therapie empfiehlt die Basismaß-nahmen (Allgemeinmaßnahmen, Basispflege) und ggf. Tetrazykline fortzusetzen, ab Grad I (CTCAE 4.03) zusätzlich Antibiotika-haltige Creme (z.B. Metronidazol, Nadifloxacin) 2x täglich, ab Grad II zusätzlich topisches Steroid Klasse 2-3 (z.B. Prednicarbat-Creme). Ab Grad III/IV sollte die Thera-pie neben einer dermatologischen Mitbetreuung und den Maßnahmen von Grad II zusätzlich systemische Glucocortikoide und systemische Antibiotika nach Antibiogramm und ggf. orales Isotretinoin (CAVE: keinesfalls in Kombination mit systemischer Antibiotikatherapie wegen Gefahr von lebensbedrohlichem Hirnödem) enthalten. Substanzspezifisch sollte eine Dosismodifikation (Dosis oder Intervall) oder eine Therapiepause bis zum Erreichen eines Grades ≤ II erfolgen.

  • Alopezie: Die S3-LL supportive Therapie spricht eine „kann“-Empfehlung für Kopfhautkühlung während der Chemotherapie zur Prophylaxe der Alopezie aus, ansonsten bestünde keine medikamentöse Prophylaxe oder Therapie der Alopezie. Weder Hirse, noch Minoxidil oder Topitriol werden empfohlen.

  • Nagelveränderungen: Zur Prophylaxe empfiehlt die S3-LL Supportive Therapie neben Basismaß-nahmen (Vermeidung mechanischer und chemischer Noxen, Nagelpflege) die Kühlung der Hände unter Docetaxel sowie eine „kann“-Empfehlung zu oralem Biotin. Zur Therapie empfiehlt sie zusätzlich zu den Basismaßnahmen bei Auftreten von Paronychien unter EGFR-Therapie mikrobiologische Kulturen und ggf. systemische antimikrobioelle Therapie.

  • Xerosis cutis/Pruritus: zur Prophylaxe empfiehlt die S3-LL supportive Therapie Basismaßnahmen (Vermeidung mechanischer und chemischer Noxen, UV-Schutz, pH-neutrale Öle, 5-10%ige harn-stoffhaltige Cremes mind. 2x täglich. Zur Therapie wird zusätzlich zu den Basismaßnahmen ab GradI (CTCAE 4.03) ggf. orale Antihistaminika, ab Grad II orale Antihistaminika und ggf. topisches Steroid Klasse 2, ab Grad III Antihistaminika+topisches Steroid Klasse 2 sowie eine „kann“-Empfehlung bei therapierefraktärem Pruritus unter EGFR-Therapie mit zusätzlich Aprepitant. Weite-re Informationen finden sich beim Themenleitfaden Pruritus.

  • Radiodermatitis Prophylaxe: Die S3-LL supportive Therapie empfiehlt neben Basismaßnahmen (Vermeidung mechanischer und chemischer Noxen, UV-Schutz, pH-neutrale Öle, 5-10%ige harn-stoffhaltige Cremes mind. 2x täglich) eine „kann“-Empfehlung zu Silbersulfadiazin-Creme 1%, Calendula-Creme und Mometasonfuroat-Creme 0,1%. Eine „Sollte nicht“-Empfehlung zu topisch Puder und Hyaloronsäure-Creme, Trolamin, Aloe Vera, Sucralfat. Eine „sollte nicht“-Empfehlung zu oralem ASS und Sucralfat.

  • Radiodermatitis Therapie: Die S3-LL supportive Therapie empfiehlt symptomatisch kühlenden Maßnahmen (z.B. feuchte Umschläge mit aseptischer Lösung 2-3x/Tag für 20min) sowie steroidhaltige Cremes. Sie Spricht eine „sollte nicht“-Empfehlung für Hyaluronsäure-haltige Cremes aus.

S3-Leitlinie Komplementärmedizin bei onkologischen Patienten (2021)

  • Radiodermatitis Prophylaxe: Die S3-LL Komplementärmedizin gibt eine „sollte nicht“ Empfehlung zu topischem Aloe Vera.